Was macht eigentlich ein Gerichtsvollzieher, außer Mahnungen und Post zu verteilen? Von der Zustellung wichtiger Dokumente bis zur Vollstreckung von Schulden – sein Job ist vielfältiger als man denkt. Ab Oktober 2024 sorgen neue, transparente Tarife dafür, dass auch Schuldner den Überblick behalten. Die VSZ sagt Ihnen, was wichtig ist.
Die Aufgaben und Befugnisse eines Gerichtsvollziehers in Belgien sind klar geregelt. Er hat einerseits einen öffentlichen Auftrag mit einem gesetzlich festgelegten Aufgabenbereich, andererseits übt er aber auch einen freien Beruf aus, wobei er selbst entscheiden kann, welche Aufträge er annimmt.
Inhaltsverzeichnis
Was gehört zu den öffentlichen Aufgaben?
Dazu gehört zunächst die Vorbereitung und Zustellung gerichtlicher Schriftstücke, wie Vorladungen, Zahlungsbefehle oder Pfändungsbeschlüsse. Der Gerichtsvollzieher sorgt dafür, dass gerichtliche Anordnungen den Betroffenen ordnungsgemäß zugestellt werden.
Eine weitere zentrale Aufgabe ist die Vollstreckung von Titeln, die z. B. aus Urteilen hervorgehen. Er sorgt dafür, dass gerichtliche Entscheidungen tatsächlich durchgesetzt werden. Auch die Beitreibung unbestrittener Geldforderungen gehört dazu. Zudem kann er Tatsachenfeststellungen durchführen und offizielle Protokolle erstellen, die besondere Beweiskraft haben.
Hinzu kommt die Verantwortung für öffentliche gerichtliche Verkäufe. Diese Auktionen können zur Begleichung von Schulden erforderlich werden. Auch freiwillige öffentliche Verkäufe können von einem Gerichtsvollzieher organisiert werden, wenn ein solcher Verkauf gewünscht ist.
Schließlich befasst sich der Gerichtsvollzieher auch mit der Erstellung, Hinterlegung und Änderung von Bekanntmachungen im Zentralen Bekanntmachungsregister (ZBR). Diese Veröffentlichungen sind notwendig, um rechtlich relevante Informationen über z. B. Zwangsvollstreckungen öffentlich zugänglich zu machen.
Welche außergerichtlichen Aufträge kann ein Gerichtsvollzieher ausführen?
Neben seinen offiziellen Aufgaben kann der Gerichtsvollzieher auch außergerichtliche Tätigkeiten wahrnehmen, für die er kein gesetzliches Monopol hat. Dazu zählen:
- Die Einreichung von Anträgen bei Gerichtskanzleien
- Die außergerichtliche Eintreibung von Schulden
In solchen Fällen tritt er eher als Vermittler oder Berater auf, nicht als Vollstrecker.
Er kann auch Schätzungen von beweglichem Vermögen vornehmen, als Mediator in Familienangelegenheiten oder im Rahmen der alternativen Streitbeilegung tätig sein. Eine weitere Aufgabe ist die Erstellung von Vermögensberichten sowie die Überwachung genehmigter Lotterien und Wettbewerbe.
Wie kann ein Gerichtsvollzieher einen Schuldenbetrag zwangsweise eintreiben?
Wenn eine Person Schulden hat, die durch einen gerichtlichen Titel bestätigt wurden, kann der Gerichtsvollzieher Maßnahmen zur Zwangsvollstreckung ergreifen. Dies umfasst die Zustellung des vollstreckbaren Titels und ggf. die Pfändung von beweglichem und unbeweglichem Vermögen. Besonders wichtig ist, dass bestimmte Vermögenswerte als unpfändbar gelten (Artikel 1408 des Gerichtsgesetzbuches), um dem Schuldner ein Mindestmaß an Lebensstandard zu sichern.
Falls der Schuldner Einspruch gegen den Titel einlegt, wird die Vollstreckung vorübergehend ausgesetzt. Sollte das Urteil jedoch für „vorläufig vollstreckbar“ erklärt worden sein, kann der Gerichtsvollzieher bereits während eines Rechtsmittelverfahrens mit der Vollstreckung beginnen.
Wie kann ein Gerichtsvollzieher für einen Gläubiger tätig werden?
Gerichtsvollzieher sind nicht nur für die Vollstreckung bei Schulden zuständig, sondern unterstützen auch Gläubiger bei der Eintreibung von Forderungen. Dies geschieht häufig nach einer gescheiterten Eigeninitiative des Gläubigers. Der Gerichtsvollzieher kann die Vorladung zustellen und den Fall vor Gericht bringen, jedoch darf er in den meisten Fällen den Gläubiger nicht vor Gericht vertreten.
Nachdem ein Urteil ergangen ist, sorgt der Gerichtsvollzieher dafür, dass alle notwendigen Maßnahmen durchgeführt werden, um die Forderungen durchzusetzen. Er kann auf eine Vielzahl von Informationen zugreifen, die ihm helfen, die finanzielle Lage des Schuldners genau einzuschätzen. So kann er den Gläubiger optimal beraten.
Welche Tarife darf ein Gerichtvollzieher verlangen?
Im Rahmen ihrer öffentlichen oder gerichtlichen Aufgaben müssen Gerichtsvollzieher Tarife anwenden, die gesetzlich geregelt sind. Wenn sie hingegen ihren freien Beruf ausüben und außergerichtliche Aufgaben wahrnehmen, sind ihre Gebühren nicht geregelt.
Seit dem 1. Oktober 2024 gelten neue, klarere Tarife für die öffentlichen Aufgaben der Gerichtsvollzieher in Belgien. Diese Änderungen sollen nicht nur die Transparenz der Gerichtsvollzieherkosten verbessern, sondern auch den Schutz von Schuldnern stärken. Die Tarife richten sich nach der Höhe der Schulden, und es gibt nun nur noch drei Kategorien: A, B und C.
Darüber hinaus gelten die Tarife der Klasse A immer für bestimmte Schulden, unabhängig von ihrer Höhe. Dazu gehören Schulden in den Bereichen:
- Strom, Gas und Wasser,
- Internet und Telefonie,
- Bildung,
- die Medizin.
Fälle, die vor dem Familiengericht und dem Jugendgericht verhandelt werden, fallen immer in die Klasse B. Wenn für eine Forderung kein Wert ermittelt werden kann, fallen Sie in die Klasse C. Dies ist auch der Fall, wenn die Forderung sowohl die Zahlung eines Betrags als auch die Verpflichtung, etwas zu tun, beinhaltet (so genannte „gemischte“ Forderung).
Für Schulden der Klasse A wird eine Gebühr von 125 Euro, für Schulden der Klasse B eine Gebühr von 175 Euro und für Schulden der Klasse C eine Gebühr von 250 Euro erhoben. Zusätzlich zu diesen Gebühren können weitere Kosten anfallen, wie z. B. eine Verwaltungsgebühr von 50 Euro für die Eröffnung des Falles oder andere Kosten wie Übersetzungskosten, Reisekosten u. Ä.
Wie kann ich prüfen, ob die Tarife auch gerechtfertigt sind?
Um die Tarife transparenter zu machen, hat die Nationale Kammer der Gerichtsvollzieher einen Tarifchecker eingerichtet. Dieser ermöglicht es Ihnen, die Abrechnung des Gerichtsvollziehers selbst zu überprüfen. Sie können überprüfen, ob die gesetzlichen Sätze pro Tarifposition auf der Abrechnung eingehalten wurden und erhalten eine Erklärung, was die verschiedenen Posten bedeuten (z. B. „Honorare“ oder „Fahrtentschädigung“).
Zudem wurde ein Solidaritätsfonds eingerichtet, der besonders schutzbedürftige Schuldner entlasten soll.
Gerichtsvollzieher müssen künftig vor der Einleitung eines Verfahrens eine Bonitätsprüfung durchführen, um unnötige Kosten für zahlungsunfähige Schuldner zu vermeiden, also die Zahlungsfähigkeit des Schuldners prüfen. Dies soll verhindern, dass Schuldner, die bereits in Schuldenvermittlung sind, durch neue Verfahren weiter belastet werden.
Fazit
Der Gerichtsvollzieher spielt eine zentrale Rolle bei der Durchsetzung von Gerichtsurteilen und der Eintreibung von Schulden. Seine Aufgaben sind vielfältig und reichen von der Zustellung gerichtlicher Schriftstücke über Pfändungen bis hin zur Vermittlung in Schuldenfragen. Die seit Oktober 2024 geltenden Regelungen bringen mehr Transparenz und Schutz für Schuldner, ohne die Interessen der Gläubiger zu vernachlässigen.
Quellen: