Die Verbraucherschutzzentrale beobachtet mit Besorgnis, dass immer mehr Menschen Schwierigkeiten haben, den aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen gerecht zu werden. Dieser Trend betrifft insbesondere die Verbraucherberatung und die Schuldnerberatung.
Inhaltsverzeichnis
Überforderung durch digitale und bürokratische Hürden
In der Verbraucherberatung suchen immer mehr Bürgerinnen und Bürger Unterstützung bei alltäglichen Verwaltungsaufgaben, die sie alleine nichtmehr bewältigen können. Beispiele hierfür sind:
- Technische Barrieren: Manche Menschen besitzen keinen Drucker oder haben Schwierigkeiten, sich im digitalen Umfeld zurechtzufinden. Sie benötigen z.B. Hilfe beim Ausdrucken von Steuerbescheiden oder bei der Registrierung von Mietverträgen.
- Komplexe Dokumente: Viele offizielle Dokumente sind so kompliziert formuliert, dass die Betroffenen sie ohne Unterstützung nicht verstehen können.
- Fehlende Unterstützung von Institutionen: Verwaltungen, Behörden oder auch Finanzinstitute sind seit der Corona-Pandemie häufig schwer erreichbar oder bieten nur unzureichenden Kundenservice. Dies führt dazu, dass die Verbraucherberatung Aufgaben übernehmen muss, die eigentlich von diesen Institutionen geleistet werden sollten.
- Fehlende digitale Kompetenzen: grundlegende Computerkenntnisse, Schwierigkeiten im Umgang mit Programmen, Unsicherheiten bei der Navigation im Internet.
Rückgang der Inanspruchnahme durch bürokratischen Burnout
Auch in der Schuldnerberatung, sowohl bei der VSZ als auch auf regionaler Ebene in der Wallonie, fällt auf, dass immer weniger Menschen diese Hilfe in Anspruch nehmen.
Das Observatoire du Crédit et de l’Endettement nennt als einen möglichen Grund den „bürokratischem Burnout“. Die Vielzahl an Behördengängen und die digitalen Hürden schrecken die Betroffenen zunehmend ab, sodass sie sich überfordert fühlen und resignieren.
Digitale Ungleichheit als wachsendes Problem
Die digitale Kluft in der belgischen Gesellschaft ist nach wie vor tief. Laut dem Digital Inclusion Barometer 2023 sind 40 % der Belgier im Alter von 16 bis 74 Jahren digital gefährdet, 5 % von ihnen nutzen das Internet überhaupt nicht. Obwohl sich die Situation seit 2021 leicht verbessert hat (damals waren 46 % betroffen), bleibt die Lage kritisch. Viele alltägliche Angelegenheiten, wie die Beantragung von Sozialleistungen, die Durchführung von Bankgeschäften oder wenn es darum geht, von günstigen Tarifen für Energierechnungen zu profitieren, laufen zunehmend digital ab. Dies gefährdet den Zugang zu sozialen Rechten und kann für Menschen, die digital abgehängt sind, eine Form der Diskriminierung darstellen.
Mehr Unterstützung, aber an den richtigen Stellen
Es wird deutlich, dass besonders ältere Menschen oder solche ohne digitale Kenntnisse zunehmend auf Hilfe angewiesen sind, um den Alltag zu bewältigen. Die Lupe VoG bietet jeden Donnerstagmorgen Betroffene Unterstützung bei der Lösung bürokratischer Probleme an, ebenso wie andere soziale Einrichtungen auch.
Doch sollte es nicht die Aufgabe der Verbraucherschutzzentrale, der Lupe VoG oder anderer sozialer Einrichtungen sein, die Dienstleistungen von Verwaltungen, Behörden oder Finanzinstituten zu übernehmen. Diese sollten selbst wieder stärker in der Lage sein, ihren Kunden umfassend und zugänglich zu helfen. Es spricht viel dafür, dass eine Art “Kümmerer” diese Aufgaben übernimmt. Aber ist das die Lösung?
Eine Debatte über Verantwortung und digitale Teilhabe
Die VSZ möchte mit dieser Stellungnahme eine Debatte über die Verantwortung der verschiedenen Akteure in der Gesellschaft anregen, denn sie ist überzeugt, dass nicht nur sie von dieser Problematik betroffen ist.
Die Überforderung durch digitale und bürokratische Hürden betrifft viele Menschen in der Gesellschaft. Es bedarf gemeinsamer Anstrengungen, um den Zugang zu Verwaltungsdienstleistungen und sozialen Rechten für alle Menschen, unabhängig von ihren digitalen Fähigkeiten, sicherzustellen. Die Frage, wie wir als Gesellschaft die zunehmende Digitalisierung sozial gerecht gestalten können, muss dringend beantwortet werden.