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Kinder in der Onlinewelt

Weihnachten (oder ein Geburtstag) steht vor der Tür, und viele Kinder sehnen sich nach einem eigenen Smartphone. Notfallkontakte, Beschäftigung, Kontakt zu Freunden, „für die Schule“ – die Argumente der Kinder sind Legion. Doch mit einem Smartphone kommt auch der Zugang in die weite Onlinewelt.

Nun müssen Eltern die Entscheidung treffen, ob der Nachwuchs bereit für diesen Schritt ist. Die Verbraucherschutzzentrale gibt Ihnen ein paar Denkanstöße.

Inhalt

Das Alter des Kindes

Die Hauptfrage wird sein: Ist mein Kind bereit für ein Smartphone? Das hängt von Ihrem Kind und seiner Medienkompetenz ab. Als Faustregel gilt: Bis 3 Jahre sollten reale Erfahrungen auf jeden Fall im Vordergrund stehen. Zwischen 6 und 10 Jahren kann das Kind in Begleitung der Eltern erste eigene Erfahrungen sammeln. Ein eigenes Smartphone kann ab 11-12 Jahren Sinn machen (abhängig von der Reife Ihres Kindes).

Wenn Sie Ihr Kind nicht ohne Kontaktmöglichkeit für Notfälle lassen möchten, können Sie auf ein klassisches Mobiltelefon zurückgreifen (also keine internetfähigen Smartphones).

 

Kindersicherungen (Technik)

Die Eltern haben die Entscheidung zu treffen, welches Gerät gekauft und welche Funktionen es haben wird. Insbesondere über internetfähige Geräte sollte man sich deshalb im Voraus informieren. Bedeutender sind allerdings die Programme, die sich auf Smartphones, etc. oft mit nur zwei bis drei Klicks installieren lassen. Es gibt ein schier unendliches Sammelsurium an Spielen, Plattformen, Apps – doch nicht alle sind so ungefährlich, wie sie scheinen.

Setzen Sie sich vor jeder Installation mit den Daten- und Kinderschutzmaßnahmen der Hersteller auseinander. Manche Apps geben zwar allgemeine Kindersicherungen, aber diese allein sind nicht die Lösung.

Für wirklich jede App? möchte man fragen. Das klingt nach viel Arbeit – dem ist auch so. Glücklicherweise gibt es viele Initiativen, die Kindersicherungs-Checklisten für interessierte Eltern anbieten.

Besonders hervorheben möchten wir das Projekt medien-kindersicher.de, das umfangreiche Hilfe und Anleitungen für viele gängige Apps anbietet – die auch für Erwachsene nützlich sind, die Ihren Sprösslingen mit gutem Beispiel vorangehen möchten. Anbei ein paar Beispiele:

Wichtig: Technische Einstellungen allein sind kein vollkommener Schutz für Ihr Kind.

 

Feste Nutzungszeiten

Legen Sie klare Familienregeln für einen respektvollen Umgang mit Technologie fest. Definieren Sie Zeiten und Wohnräume ohne Smartphones, fördern Sie Aktivitäten ohne digitale Geräte für Ihr Kind. Beschränken Sie insbesondere die Smartphone-Nutzung während Mahlzeiten, Schlafenszeiten, Familienfeiern, …

Wenn Sie sich über nützliche Regeln nicht sicher sind, kann ein sogenannter Mediennutzungsvertrag hilfreich sein. Das bringt Klarheit – und vermeidet unnötige Diskussionen und Streits über die Handy-, Computer-, Fernseh- oder Internetnutzung. Je früher Verträge erstellt werden, desto selbstverständlicher sind die Regeln für Ihr Kind. (Kooperation der EU-Initiative „klicksafe – Mehr Sicherheit im Internet durch Medienkompetenz“ und dem Projekt „Internet-ABC – Das Portal für Kinder, Eltern und Pädagogen“)

 

Privatsphäre & Datenschutz

Trichtern Sie Ihrem Kind ein, dass es keine persönlichen Informationen weitergeben darf. Dazu gehören Namen, Adressen, Telefonnummern, Passwörter, schulische Details, etc. Deaktivieren Sie alle Arten von Standortfunktionen. Reden Sie mit Ihrem Kind darüber, was es mit dem Begriff Phishing auf sich hat. (Mehr dazu im Artikel der Verbraucherzentrale „Wie erkenne ich eine Phishing-Mail/SMS/Chatnachricht?“)

Klären Sie Ihr Kind darüber auf, wozu freigegebene Daten genutzt oder missbraucht werden können. Ihr Kind soll im Idealfall erkennen, wann andere es ganz gezielt auf seine Daten abgesehen haben und welche Daten lieber nicht an Online-Freunde weitergeleitet werden sollten.

Exkurs Sexting & Sharing: Gewisse Daten dürfen in gar keinem Fall weitergeleitet werden. Leitet der Klassenkamerad Ihres Kindes ihm die Nacktfotos seiner Ex-Freundin weiter, macht dieser Klassenkamerad sich des sexuellen Missbrauchs strafbar. Sollte Ihr Kind dieses Foto an seine Freunde weiterleiten, macht es sich ebenfalls strafbar! Ist die Beziehung zu Ende, muss der ursprüngliche Empfänger die Fotos von seinem Gerät löschen, da er nicht mehr das Einverständnis des Senders hat! Mehr zu Sexting auf der Webseite: Internet-Beschwerdestelle.

Die Eltern sollten das Kind im Umgang mit sicheren Passwortpraktiken vertraut machen. Statt kurze Passwörter bieten sich für Kinder Passphrasen an, die einfacher zu behalten sind (wenn auch länger – „Maya@IsstKeineBirnen!“ wäre eine solche Phrase). Ein sicheres Passwort enthält Groß- und Kleinschreibung, Zahlen und Sonderzeichen. Längere Phrasen lassen sich auch abkürzen: aus „Ich habe am 20. Dezember eine neue Jacke bekommen“ wird „Iha20.DenJb“.

Passwörter sollten regelmäßig geändert werden und für jeden Account unterschiedlich sein.

Das klingt ganz schön kompliziert? Probieren Sie es mal mit einem Passwort-Manager (Die Stiftung Warentest hat im Januar 2022 Testergebnisse für 14 Passwort-Manager veröffentlicht). Noch nicht genug zu Passwörtern? Für Erwachsene lohnt sich ein kurzer Blick in diesen Artikel „Starke Passwörter – so geht’s“ der Verbraucherzentrale Deutschland.

Jemand hat Fotos Ihres Kindes ohne Zustimmung veröffentlicht?

Hier finden Sie eine Checkliste des Projekts Internet-ABC zum Thema „Erste Hilfe bei Datenmissbrauch“

 

Werbung & Onlinekäufe (Dark Patterns)

Cookie-Banner, Feed-Algorithmen, Spiele-Apps, unmarkierte Werbung – Dark Patterns sind überall im Internet zu finden. Die Verbraucherzentrale Deutschland definiert Dark Patterns als „manipulative Designs oder Prozesse, die Nutzer:innen einer Website oder App zu einer Handlung überreden sollen.“ Das kann eine ungewollte Newsletter-Anmeldung sein, man gibt sein Einverständnis zur Datensammlung oder es wurde plötzlich statt eines einmaligen Kaufs ein Online-Abo abgeschlossen. Um sich davor zu schützen, kann der Nutzer technische Lösungen wie Adblocker und Filtereinstellungen verwenden – viel wichtiger ist u. E. jedoch gründliches Lesen und keine übereilten Entscheidungen. Das ist für Kinder natürlich schwieriger als für die meisten Erwachsenen.

Vertrauen weder Sie noch Ihr Kind darauf, dass die Anbieter es gut mit Ihnen meinen, auch wenn Ihnen das Produkt als „kostenlos“ in großen, roten Buchstaben angeboten wird. Gratis gibt’s nicht, auch nicht im Internet. Wer für Online-Produkte nicht mit Geld bezahlen muss, tut es stattdessen mit seinen Daten – und diese sind für viele Firmen besser als Bares.

 

Fall Onlinehandel & -abo 

Ist der Schaden schon angerichtet, gibt es für Eltern dennoch Hoffnung, denn Minderjährige sind ohne Einwilligung der Eltern nicht alleine vertragsberechtigt (dies gilt für größere Geldmengen, nicht etwa Taschengeldbeträge). Melden Sie diesen Tatbestand dem Anbieter sofort schriftlich und erklären Sie den Vertrag/Kauf für unwirksam, da er ohne Ihre Zustimmung erfolgt ist. Der Webshopbetreiber muss die Ware zurücknehmen und Ihnen den Kaufpreis zurückerstatten.

Achtung, für digitale Inhalte gilt nach erster Nutzung kein Widerrufsrecht mehr. Für unerlaubte Jahresabos kann es also sein, dass der Vertrag zwar als unwirksam anerkannt wird, die bisherige Nutzungszeit jedoch nicht zurückerstattet wird. Paradebeispiel für solche Fälle sind Spieledownloads und Streaminganbieter.

 

Fall In-App-Käufe (auf dem Gerät der Eltern)

Sie geben Ihrem Kind immerhin auch nicht den PIN-Code Ihrer Kreditkarte – halten Sie es genauso mit Apps und Geräten, die Ihre Zahlungsdaten gespeichert haben.

Oft lehnen die Anbieter eine Rückerstattung kategorisch ab. Trotzdem kann sich eine schnelle Reaktion lohnen, z. B. indem Sie sich bei monatlichen Lastschriften rechtzeitig an Ihre Bank/den App-Store wenden, sodass es gar nicht erst zu einer Abbuchung kommt. Rückerstattungen sind oft nur mit viel Mühe zu erreichen, denn es handelt sich dabei um eine rechtlich komplexe Frage, die nur per Einzelfall gelöst werden kann. Sie befinden sich hier in einer Grauzone: Der App-Anbieter darf bei wiederholten Käufen davon ausgehen, dass er es mit Ihrer Person zu tun hat – und wenn nicht, dass Sie dem Kind eine Vollmacht erteilt haben, die Käufe zu tätigen. Mehr Details zu In-App-Käufen finden Sie auf der Webseite des Europäischen Verbraucherzentrums Deutschland. Damit In-App- und In-Game-Käufe erst gar nicht zur teuren Kostenfalle werden, hat die Verbraucherzentrale NRW ein paar Tipps gesammelt.

 

Das Raubtier, der Mensch

Auf dieser Welt leben leider nicht nur vernünftige, respektvolle und tolerante Menschen. Ein Kind ohne Anleitung und Schutzmaßnahmen in das Internet zu lassen ist eine riskante Entscheidung. Wir bringen einem Kind bei, dass es keine Süßigkeiten von Fremden annehmen soll, ohne Mama niemandem die Türe aufmacht, … solche Regeln gelten auch für das digitale Leben! Für Kriminelle mit Absicht des Kindesmissbrauchs ist das Internet jedoch wie ein rappelvoller Spielplatz ohne Aufsichtsperson.

Viele soziale Gefahren, auf die ein Kind in der Onlinewelt treffen kann, existieren natürlich auch offline – doch die Anonymität (und ironischerweise auch die ständige Datensammlung) machen es den Tätern viel zu einfach, ob dies nun Kinderschänder oder gleichaltrige Schulkameraden sind.

Genau wie nicht-digitale Kontakte (z. B. Freunde aus der Schule) sollten die Eltern die Online-Kontakte ihrer Kinder kennenlernen. Das heißt nicht, dass die Eltern bei jeder WhatsApp-Nachricht alles mitlesen müssen. Erzählt jedoch etwa beim gemeinsamen Abendessen das Kind plötzlich von einem vollkommen unbekannten Freund, sollte man hellhörig werden. Wir raten ab von Online-Kontakten, die man als Vater/Mutter nicht persönlich treffen kann.

Reden Sie mit Ihren Kindern, entwickeln Sie zusammen mit ihm Schutzmechanismen, die es in solchen Situationen anwenden kann.

ChildFocus hat einen recht ausführlichen Beitrag (frz.) für Eltern, die sich (und ihre Kinder) im Umgang mit den sozialen Aspekten des digitalen Lebens bilden möchten. Schwerpunkte sind neben dem eigenen Datenschutz:

  • Pornografie
  • Cybermobbing
  • Grooming, Sexting & sexueller Missbrauch

Der Ausdruck „Grooming“ wird allerdings nicht nur für den sexuellen Missbrauch verwendet. Straßengangs, rechtsextreme (sowie linksextreme!) Bewegungen, ultrareligiöse Gruppen – sie alle haben u. a. eines gemeinsam: Der Nachwuchs wird oft jung rekrutiert. Auf der Webseite der Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz ist nachzulesen (hier zur PDF), wie anfällig Kinder und Jugendliche für die Radikalisierung im Internet sein können. Dabei trifft das Kind meist auf eine oder mehrere Bezugspersonen, die über soziale Medien (fern jeglicher Kontrollmechanismen) mit ihm reden, sich einfühlen, es für voll nehmen – das Kind wird Teil einer Gemeinschaft.

In Teenager-Alter der Selbstfindung (und darüber hinaus) identifizieren junge Menschen sich gerne durch Gruppen, aber stecken oft noch in der schwarz-weißen Weltsicht eines Kindes. Dies nutzt der Groomer aus. Er (oder sie) weiß genau, welche Fäden er ziehen, welche Knöpfe er drücken, welche Worte er sagen muss. Und so wird der vermeintliche Feind der Gruppe zum ganz realen Feind des Kindes, den es um jeden Preis zu besiegen gilt.

 

Wie erkenne ich, ob mein Kind radikalisiert wird?

Leider ist das nicht so offensichtlich, wie man denken möchte. Gewaltbereite Aussagen, Beschäftigung mit Verschwörungstheorien, plötzliche Verhaltensänderungen können Hinweise sein, deuten aber nicht zwingend auf eine Radikalisierung hin. Halten Sie den Kontakt zu Ihrem Kind aufrecht, aber beziehen Sie klar Stellung: Gewalt ist kein legitimes Mittel zur Konfliktlösung in einer demokratischen Gesellschaft. Für Hilfestellung können Sie sich an eine Beratungsstelle oder die Polizei wenden. In Ostbelgien ist die Hotline „Wegweiser“ 24h/Tag verfügbar (Tel. +32 471 91 94 90, in Kooperation mit NRW). Sie berät (jugendliche) Ratsuchende, Angehörige und Institutionen in Deutsch, Französisch, Englisch und Russisch, die Rat zu Radikalisierung suchen.

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